Der Berber - Geschichte
Das 18. Jahrhundert
Doch
mit der Verbreitung des Schießpulvers versiegte der Absatz nordafrikanischer
Pferde in krisengeschüttelte europäische Regionen. Kriegspferde
waren nun nicht mehr mutige Nahkämpfer, sondern in Hundertschaften
lospreschendes Kanonenfutter unter vielleicht sogar täglich wechselnden
Reitersoldaten. Die Ausbildung der Kavalleriepferde mußte schnell
und effizient vonstatten gehen, für Reitkunst war weder Zeit noch
Bedarf. Von diesem einfachen Reitstil der Kavallerie leitet sich
unser heutiger sogenannten englischer Reitstil her. Es ist nachvollziehbar,
daß man für den Einsatz in Kavallerieregimentern weder temperamentvolle
Andalusier, noch auf Reitertreue gezüchtete Berberpferde und schon
gar keine Hengste brauchte, so ebbte die Nachfrage nach Pferden
aus den Zuchten beider Länder soweit ab, daß nur noch ganz vereinzelt
Pferde über Gibraltar verschifft wurden. Im 18. Jahrhundert ist
die ehemalige Rolle der maurischen Kriegshengste völlig in Vergessenheit
geraten. Englands Adel findet Gefallen an Pferderennen und entdeckt
seine recht sentimentale Schwäche für "Arabisches". Beides führte
dazu, daß einige besonders unternehmungslustige Pferdenarren orientalische
Hengste importierten und wiederum unter dem globalisierten Namen
"Araber" in der Rennzucht einsetzten. Der wahrscheinlich erfolgreichste
von diesen "Arabern" war ein marokkanischer Berberhengst mit Namen
"Godolphin", der auf allerlei Umwegen 1729 die Rennpferdezucht
revolutionierte. Vom Erbgut aller Englischen Vollblutpferde der
Welt machen die drei Begründerhengste (Godolphin, Curwen Bay und
St. Victor), die nachweislich Berber waren, heute 23,3% aus. Die
Frage, warum ausgerechnet der Berber dem Rennpferd Englands den
letzten Schliff zum schnellsten Pferd auf mittleren Distanzen
geben konnte, hängt sicherlich mit dessen vererblicher Nervenstärke
und der ausgezeichneten Kraft in Rücken und Hinterhand zusammen.
Mit Sicherheit liefen nicht die Vererber selbst so schnell, sondern
erst ihre Nachkommen aus einheimischen Stuten. Es kam in diesen
Jahren jedoch nie zu einer Importschwemme, die Nachfrage nach
schnellen Rennern beeinflußte nicht die Zucht in den Maghrebländern.
Nach wie vor war das Berberpferd Familien- und Kriegspferd der
nomadisierenden und seßhaft gewordenen Bevölkerung.